Gefährdung

Im "Austrian National Report 2004" über die Umsetzung des Memorandum of Understanding zum Schutz und Management der mitteleuropäischen Population der Großtrappe (Raab 2004) sind unter Punkt 10 als gegenwärtige Bedrohungen der Großtrappe 8 prioritäre Punkte aufgelistet, die alle im folgenden berücksichtigt werden:

Kollision mit Strom - Freileitungen

Foto: An Hochspannungsleitung kollidierte Großtrappe
An Hochspannungsleitung kollidierte Großtrappe

Kollisionen mit Stromleitungen haben für ausgewachsene (also immature und adulte) Großtrappen vor der Umsetzung des LIFE Projektes „Großtrappe“ die häufigste Todesursache in Österreich dargestellt. Seit der Umsetzung der Maßnahmen der Erdverkabelung von Mittelspannungsleitungen und der Markierung von Hochspannungsleitungen in den Projekt-Teilgebieten ist der Anteil an Kollisionen deutlich zurückgegangen.

Großtrappen gehören mit einem Gewicht der Männchen von zumeist 8 bis 16 kg zu den schwersten flugfähigen Vögeln der Erde. Sie sind kraftvolle und ausdauernde Flieger, die sich trotz ihres beachtlichen Gewichtes sogar ohne Anlauf mit kräftigen Flügelschlägen in die Luft erheben können. Obwohl sich Großtrappen in offenen, unzerschnittenen Lebensräumen gerne zu Fuß fortbewegen, fliegen sie innerhalb ihrer großflächigen Einstandsgebiete fast täglich mehrere Kilometer umher. Als ausgezeichnete Flieger können sie selbst große Strecken von mehr als 200 km am Tag überwinden. Zum Thema Flugbewegungen und ihre Gründe siehe Kapitel "Biologie".

Da ihre Wendigkeit jedoch unter ihrem großen Körpergewicht und der großen Spannweite leidet, finden durch die zahlreichen Strom - Freileitungen in manchen Einstandsgebieten selbst sowie in deren Umgebung und auf den Flugstrecken zwischen den unterschiedlichen Einstandsgebieten Kollisionen statt.

Die Kollisionen sind seit Beginn des Leitungsbaues national wie international als Bedrohung für Großtrappen bekannt. Im internationalen "Action plan for the great bustard (Otis tarda) in Europe" ist das Thema unter Verbesserungen der Habitatbedingungen (Pkt.2.2.3) beschrieben und mit hoher Priorität versehen. Im "Action Plan" des Memorandum of Understanding zum Schutz und Management der mitteleuropäischen Population der Großtrappe ist die Verhinderung von Kollisionen mit Stromleitungen im Punkt 2.3.2 mit dem folgenden Absatz angeführt: "Existing lines which cross Great Bustard areas should be buried or marked prominently. New lines should not be built across Great Bustard areas." Auch im nationalen Aktionsplan "Schutz für die Großtrappe in Österreich" ist die Erdverkabelung und Entschärfung von Stromleitungen durch Markierung in Abstimmung mit dem Betreiber unter "Sicherung des Lebensraumes" (Pkt.2.1.3) als "unverzüglich durchzuführen" angeführt.

Prädation

Rotfuchs (Vulpes vulpes)
Rotfuchs (Vulpes vulpes)

Prädation durch Rotfuchs, andere fleischfressende Säugetiere wie z. B. Dachs, Marder und Wildschwein, sowie durch Aaskrähen und Greifvögel ist eine Gefährdung, die vor allem Gelege sowie juvenile und immature Großtrappen betrifft.

Für Gelege und Jungtrappen stellen Raubsäuger, insbesondere der Rotfuchs (Vulpes vulpes), sowie die Aaskrähe (Corvus corone) und Greifvögel eine ernstzunehmende Gefahrenquelle dar. Durch die Tollwutimmunisierung des Rotfuchses hat sich dessen Bestand in den letzten Jahren auch in den Trappengebieten deutlich erhöht. Da die meisten Brutplätze der Großtrappen innerhalb von speziellen Trappenschutzflächen liegen und dadurch Bedrohungen durch die Landwirtschaft im wesentlichen ausgeschlossen sind, bleibt die Prädation als eine der wichtigsten Gefährdungen von Gelegen und Jungtrappen über. So wurden beispielsweise im Jahr 2001 in den niederösterreichischen Trappengebieten ein großer Teil der Gelege, Küken und Jungtrappen durch Prädatoren zerstört bzw. gefressen.

Intensive landwirtschaftliche Nutzung

Intensive landwirtschaftliche Nutzung
Intensive landwirtschaftliche Nutzung

Intensive landwirtschaftliche Nutzung war lange Zeit die schwerwiegendste Bedrohung für Großtrappen während der Brutzeit, vor allem für Gelege und Jungvögel, aber auch für brütende Hennen, die oft erst zu spät das Nest verlassen. Dank spezieller "Trappenschutzflächen", die im Rahmen von "ÖPUL", dem österreichischen EU Agrar-Umweltprogramm, gefördert werden, sind heute in allen Trappengebieten großflächig die meisten Brutplätze vor Schäden durch intensive landwirtschaftliche Maßnahmen geschützt. Es kommt jedoch immer wieder vor, dass einzelne Hennen unvorhergesehen außerhalb der speziellen Schutzflächen brüten, wo sie und das Gelege dann durch landwirtschaftliche Maßnahmen stark bedroht sind.

In den letzten Jahren kamen mehrere Bruten von Großtrappen außerhalb spezieller Trappenschutzflächen vor. Ohne spezielle Absprache mit den betroffenen Landwirten haben solche Bruten nur äußerst geringe Aussicht auf Erfolg und auch die Jungtrappen und sogar die brütenden Hennen können getötet werden.

Störungen

Mangelndes Wissen der Öffentlichkeit und zu geringe Wertschätzung der Großtrappe und ihrer Lebensräume führen zu teilweise unnötigen Störungen. Störungen der Großtrappen, insbesondere des Brutgeschehens, können im Zuge von Freizeitaktivitäten wie z. B. Reiten, Radfahren, Fotografieren, Naturbeobachtungen, Flugverkehr mit Kleinflugzeugen, aber auch Nordic Walking entstehen. Hennen brüten häufig in der Nähe von vergrasten Feldwegen und bereits eine einmalige Störung kann zum Verlassen des Geleges führen. Aber auch jagdliche Aktivitäten wie beispielsweise die Rehbockjagd zur Brutzeit im Brutgebiet, Wildfütterungen nahe an Brutplätzen und Wintereinstandsflächen, Befahren von Brachen im Brutgebiet und die herbstlichen Treibjagden können Störungen darstellen.

Während des gesamten Jahres können Störungen und das damit zumeist verbundene Auffliegen der Großtrappen zu einem erhöhten Kollisionsrisiko führen, aber auch zu einem höheren Energieverbrauch und zu einer Schwächung der Tiere. Durch Störungen des Brutgeschehens kann die Nachwuchsrate deutlich sinken. Gelege und Jungtrappen, die aufgrund von menschlichen Störungen von der Henne eine gewisse Zeit verlassen werden, sind einem höheren Prädationsdruck ausgesetzt.

Strenge Winter

In strengen Wintern mit starkem Frost und hoher Schneelage können Teilpopulationen der Großtrappe zu Wanderungen gezwungen werden.

Bei diesen zum Teil großräumigen Wanderungen sind die Großtrappen einem deutlich erhöhten Kollisionsrisiko mit Stromleitungen sowie weiteren Gefahren ausgesetzt. Dadurch führen solche Wanderungen meist zu starken Populationseinbußen.

Extreme oder ungünstige Witterung zur Brutzeit

Während der Brutzeit der Großtrappe, die in Österreich zumeist im letzten Aprildrittel beginnt und im Mai und Juni ihren Höhepunkt erreicht, kann die Witterung mit längeren nass-kalten Perioden oder extremen Ereignissen wie Starkregen und Hagel noch sehr unbeständig sein.

Starkregen und Hagel können Gelege gefährden und die Henne zur Aufgabe des Geleges zwingen. Anhaltende kalte oder nasse Witterung kann auch Küken Unterkühlung und Krankheiten aussetzen.

Lebensraumzerschneidung oder -verschlechterung

Windkraftanlagen
Windkraftanlagen

Große Teile Ostösterreichs sind einem hohen Entwicklungsdruck ausgesetzt. Infrastrukturentwicklung führt zumeist zu einer Lebensraumzerschneidung oder -verschlechterung. Infrastruktur zur Schaffung von Verbindungen mit den neuen EU-Nachbarländern wie Stromleitungen, Straßen, Flughäfen, sowie der Bau von Windparks oder Gewerbegebieten spielen dabei eine große Rolle.

Der Bau von Infrastruktur wie Stromleitungen und Windparks kann fliegende Großtrappen gefährden, die Lebensräume zerschneiden und den Austausch zwischen Teilpopulationen erschweren. Obwohl die wichtigsten Großtrappenlebensräume in Österreich durch großflächige Natura 2000 Schutzgebiete gesichert sind, kann die Art aufgrund ihrer regelmäßigen Flugbewegungen auch der Bau von Infrastruktur in Gebieten, die kein Trappenlebensraum sind, jedoch auf Flugrouten liegen, betreffen.

Sinkende Förderungen für Rapsanbau

Sinkende Prämien für Rapsanbau haben in den letzten Jahren zu einer Verringerung der mit Raps bebauten Ackerflächen geführt.

Winterraps ist die wichtigste Nahrung der Großtrappen im Winter in den österreichischen Lebensräumen. Eine Verringerung des Rapsanbaus kann für die Großtrappen weitere Flugwege und damit verbunden erhöhtes Kollisionsrisiko mit Stromleitungen sowie höheren Energieaufwand bedeuten. In Österreich finden bereits seit vielen Jahren intensive Bemühungen statt, die Gefährdungsursachen für Großtrappen durch geeignete Maßnahmen zu entschärfen. Insbesondere durch die LIFE Projekte (siehe Kapitel LIFE Projekt 2005-2010, LIFE+ Projekt 2010-2015 und LIFE Projekt 2016-2023) wurden diese Bemühungen ab 2005 noch einmal verstärkt.